„Vielfalt – voll normal!“ unter diesem Motto feiert die Stadt Hanau die Gründung der Neustadt unter Graf Philipp Ludwig II vor 425 Jahren. Damals mussten viele Menschen aus Frankreich und Holland wegen ihres Glaubens fliehen und fanden eine neue Heimat in Hanau.
Um dieses Jubiläum zu feiern, gibt es viele Veranstaltungen. Unter anderem drei Gottesdienste am Himmelfahrtstag auf dem Freiheitsplatz und am 29. Mai in der Marienkirche immer mit besonderen Predigten von besonderen Menschen. Alle drei Gottesdienste haben das Thema „Mensch! – Bild Gottes!“ (Mensch – Gott gleich!)
Den Anfang machte ein Gottesdienst am 21. Mai in der Marienkirche. Hier sprach Pfr. Rühl mit der Stadtverordnetenvorsteherin Hanaus, Beate Funck, über die Vielfalt der Stadt, die Vielfalt der Schöpfung, die Vielfalt der Menschen. Menschen aus über 120 verschiedenen Geburtsländern haben in Hanau eine neue Heimat gefunden und leben hier ihre Kultur. Umso schlimmer, wenn es Menschen gibt, die dieses Zusammenleben zerstören wollen. Immer noch ist viel Trauer und Entsetzen über das Attentat von 2020 – dieses Leid kann und darf nicht vergessen werden. Horst Rühl sprach davon, dass Gott jedem Menschen eine Würde (Ehre) gegeben hat. Diese Würde kann ein Mensch nicht verlieren und man kann sie ihm nicht wegnehmen – denn Gott selbst hat sie gegeben. „Ein Mensch, der einen anderen Menschen versucht die Würde zu nehmen, nimmt sie sich selbst!“ Deshalb ist es wichtig, immer die Würde in dem anderen Menschen zu sehen – den Fremden aufnehmen schafft Vielfalt. Diese Vielfalt war auch im Gottesdienst am 29. Mai in der Marienkirche zu erleben. Prälat Dr. Dutzmann erklärte in seiner Predigt, was es bedeutet, „im Lichte Gottes zu denken, zu planen und zu entscheiden.“ Egal ob bei politischen Diskussionen oder im persönlichen Leben: Manchmal ist es sehr schwer, eine gute oder gerechte Entscheidung zu treffen. Dann hilft es, sich an Gottes grenzenlose Liebe zu erinnern. Denn Gott liebt alle Menschen – und das sollte uns Vorbild und Orientierung in unserem Handeln sein.
Zwei der drei Gottesdienste wurden barrierefrei angeboten und die Gehörlosengemeinde Hanau wurde zu den gedolmetschten Gottesdiensten eingeladen.
Viele Behinderte erleben, wie ihre Kultur eingeschränkt wird. Besonders in der Coronazeit haben viele behinderte Menschen Erfahrungen mit zusätzlichen Barrieren gemacht. Auf dem Aktionstag am 7. Mai im AWO Quartier Kassel-Mattenberg gab es Gelegenheit für verschiedene Behindertengruppen von ihren Erfahrungen im Alltag erzählen. Ein Rollstuhlparcours war aufgebaut und jeder konnte probieren, wie schwer es ist, auch kleine Stufen mit einem Rollstuhl zu überwinden. Es gab einen Vortrag über den technischen Fortschritt für sehgeschädigte und blinde Menschen, aber auch welche Probleme es immer noch gibt. Besonders auch die Rückfragen nach Taub-Blindheit und Sehschädigung von gehörlosen Menschen im Alter schaffen Ratlosigkeit. Dorle Wareka, Vorsitzende des Gehörlosenvereins Kassel, beschrieb in ihrem Vortrag die Situation tauber Menschen: für viele Hörende ist es zuerst nicht vorstellbar, in welchen Situationen Taube auf Barrieren treffen: Ein einfaches Telefonat, um einen (Behörden-)Termin zu vereinbaren – während Corona ein „muss“, für taube Menschen unmöglich. Viele Beispiele trugen Frau Wareka, aber auch noch andere Gehörlose zusammen. Es war ein interessanter Tag, auch die Perspektiven anderer Behindertengruppen kennenzulernen. Schade, dass so wenig nichtbehinderte Menschen („Behinderer!?“) da waren, um ein bisschen Inklusion kennenzulernen und zu erleben.
Vielen herzlichen Dank an die vielen die diesen Tag organisiert haben – besonders Laura Kestner!
Christjane Lemke und Undine Schäfer vielen Dank für das engagierte Dolmetschen.
Am 23. April feierte die Gebärdensprachgemeinde Hanau ein fröhliches Wiedersehen. Anlass war Ostern. Ostern feiern bedeutet: Neue Kraft und Freude kommt in unser Leben. Das war am Samstag in der Gemeinde zu spüren. Gleichzeitig wurde auch Gabriele Meyer als Mitglied im Gemeindevorstand verabschiedet. Bereits im Jahr 2021 kündigte Frau Meyer ihren Rücktritt aus persönlichen Gründen an. Wegen Corona war eine Verabschiedung in Gemeinschaft leider lange nicht möglich. Umso schöner war das Wiedersehen am Samstag. Viele sind gekommen. Alte Fotos erinnerten an Veranstaltungen wie das Kirchenfest in Frankfurt 2014 oder ein Ausflug nach Rüdesheim im Jahr 2019. Frau Meyer unterstützte die Gebärdensprachgemeinde mit Ideen für Gemeindenachmittage, mit selbstgebackenen Kuchen, in der Kommunikation mit dem Gehörlosenverein Hanau und vieles, vieles mehr…
Die Gebärdensprachgemeinde Hanau bedankte sich mit Blumen und Urkunde bei Gabriele Meyer für die langjährige Mitarbeit im Gemeindevorstand.
Nach dem Osterfest begann für sechs Familien eine Freizeit im Haus am Seimberg in Brotterode (Thüringen). Seit drei Jahren veranstalten verschiedene Kooperationspartner die Freizeit für Familien mit Gebärdensprache. Eingeladen sind insbesondere Familien mit gehörlosen oder schwerhörigen Kindern.
Die Woche war für die Familien abwechslungsreich gestaltet: ein Besuch auf dem Reiterhof, ein Spaziergang um den Inselberg, ein Lagerfeuer und vieles mehr. Aber auch der Austausch zwischen den Familien spielte eine große Rolle. So hatten Mütter, Väter und Kinder Zeit über ihre persönlichen Erfahrungen zu sprechen. Jeden Morgen und Abend wurden gemeinsam Lieder gebärdet und es gab Geschichten aus der Bibel für Kinder und Eltern.
Auch im nächsten Jahr soll wieder eine Familienfreizeit angeboten werden. Weitere Informationen gibt es auch in einem Video auf YouTube: Mit Kindern leben – von Kindern lernen | Begegnungstage für Familien (mit Gebärdensprache) - YouTube (mit DGS).
Bei Interesse gerne bei Stefanie Böker oder Clara Sperzel melden.
Am Ostertag, am 17. April verstarb in ihrem Zuhause in Frielendorf-Todenhausen Frau Gisela Schmidt geb. Ramminger. Am 16. Mai wäre sie 94 Jahre alt geworden. Im letzten Jahr erkrankte sie und ihre Kräfte nahmen immer mehr ab, bis sie am Ende ganz aufgebraucht waren. Ihre Heimat lag im damaligen Ostpreußen, nicht allzu weit von Königsberg entfernt. Nach der Flucht wurde Todenhausen Ihre zweite Heimat. Neben Ihrer Familie war der Gehörlosenverein und die evangelische Gehörlosengemeinde mit den regelmäßigen monatlichen Gottesdiensten ebenfalls Heimat in ihrem Leben, ein Lebensraum, in dem sie sich ganz Zuhause fühlte: Das Aufgehobensein in der Gebärdensprachgemeinschaft, das entspannte Plaudern mit Gebärden, all die gewachsenen langen Kontakte und Freundschaften. Bis zum letzten Jahr war sie noch bei den Treffen im Seniorenclub in Kassel. Viele Jahre kochte Sie in unserer Homberger Gehörlosengemeinde den Kaffee, deckte den Tisch, backte Kuchen, wusch ab. Daran erinnern wir uns gern und sind dankbar dafür.
Wir vertrauen die Verstorbene Gott an. Er schenke ihr Auferstehung und Frieden.